49. Tagung des Menschenrechtsrates
28. Februar - 1. April 2022
Interaktiver Dialog über den Bericht des Hohen Kommissars über die Rechenschaftspflicht aller Urheber von Menschenrechtsverletzungen und -missbrauch im Afghanistan-Konflikt und Präsentation des Länderberichts der Hohen Kommissarin über die Lage in Afghanistan und die Ergebnisse der technischen Hilfe
7. und 30. März 2022
By Ardya Syafhana / GIC
Übersetzt von Elina Siegfried
Überblick
Während des Interaktiven Dialogs über die Menschenrechtslage in Afghanistan, welcher während der 49. Tagung des Menschenrechtsrates statt fand, präsentierte die Hohe Kommissarin für Menschenrechte, Michele Bachelet, einen umfassenden Bericht über die Menschenrechtssituation in Afghanistan am 15. August 2021. Nach der sechsmonatigen Regierungszeit sind die Taliban die Hauptverantwortlichen für zahlreiche Vorwürfe in Bezug auf Tötungen und schreckliche Einschüchterungen, die Diskriminierung von Frauen und Mädchen sowie die willkürliche Einschränkung der Meinungsfreiheit und des Rechts auf friedliche Versammlung. Die Vertreter verschiedener Delegationen verurteilten die Vorwürfe aufs Höchste und forderten die Taliban auf, die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen vollumfänglich einzuhalten. Staaten und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) äusserten ihre Besorgnis über die dringend erforderliche humanitäre Hilfe, um die afghanische Bevölkerung zu unterstützen. Zahlreiche Staatsvertreter empfahlen zudem, die internationale wirtschaftliche Ausgrenzung Afghanistans einzustellen.
Während der 53. Sitzung des Menschenrechtsrates im Rahmen der 49. ordentlichen Tagung beleuchtete der Bericht die erfolgreichen Errungenschaften in der Zusammenarbeit zwischen der UNAMA und des Büros der Hohen Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen (OHCHR). An der Sitzung nahmen sowohl der Vertreter des Kuratoriums des Freiwilligen Fonds der Vereinten Nationen für technische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Menschenrechte und der Feldoperationen sowie die technische Abteilung des Hohen Kommissariats der Vereinten Nationen für Menschenrechte teil, um die Erfolge der technischen Hilfe bei der Entwicklung der Menschenrechte in Afghanistan vor und nach der Machtergreifung der Taliban zu erörtern. Im Vergleich zu den vorgängigen Berichten über die humanitäre Lage und die Menschenrechtskrise in Afghanistan, haben UNAMA und das OHCHR zu zahlreichen Entwicklungen der Menschenrechte in Afghanistan beigetragen, einschliesslich jedoch nicht alleining des Verbots von Folter. Der ständige Vertreter für Afghanistan der Vereinten Nationen nahm an der Sitzung teil, um diese Fortschritte ins Gedächtnis zu rufen und internationale Unterstützung für künftige Hilfe in Afghanistan zu ersuchen.
Hintergrund
Nach Jahren der Fortschritte kündigten die Vereinigten Staaten von Amerika und die NATO den Abzug der militärischen Streitkräfte für den 14. April 2021 an. Dies hinterliess ein Machtvakuum, wobei die Taliban am selben Tag, an dem der afghanische Präsident, Mohammed Ashraf Ghani, ins Exil floh, am 15. August 2021 effektive Kontrolle über das Land gewannen. Neben der lang anhaltenden Instabilität von der Eroberung durch die Taliban sah sich Afghanistan später unter dem neuen Regierungssystem mit verheerenden Wirtschafts- und Menschenrechtskrisen konfrontiert.
Gemäss der Resolution S-31/1 des Menschenrechtsrates wurde das OHCHR beauftragt, einen umfassenden schriftlichen Bericht über die Lage der Menschenrechte in Afghanistan vorzulegen, der sich auf die Rechenschaftspflicht aller Personen konzentriert, die im Rahmen des Konflikts Menschenrechtsverletzungen und -missbrauch begangen haben. Der Bericht analysiert die Taliban-Führung von August 2021 bis Ende Februar 2022 und ihre Verbindung zu Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierung und geht zudem den Prozess der Rechenschaftspflicht ein, der zur Behebung dieser Probleme erforderlich ist.
In einem separaten Rahmen wurde das OHCHR gebeten, einen weitere Dienste im Hinblick auf die Menschenrechte der Mission in Afghanistan gemäss dem in der Resolution 2/113 und Resolution 14/15 des Menschenrechtsrats geregelten Mandats vorzulegen. Der Bericht fokussiert sich auf die Entwicklung der Menschenrechte unter der afghanischen Regierung zwischen dem 1. Dezember 2020 und 30. November 2021; darunter der Schutz von Zivilisten und Kindern im bewaffneten Konflikt, die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und die Förderung der Frauenrechte, die Verhindern von Folter und Förderung der Achtung der Verfahrensgarantien und des zivilen Raums sowie die Einbeziehung der Menschenrechte in den Friedens- und Versöhnungsprozess in Afghanistan.
Der Bericht der Hohen Kommissarin für Menschenrechte
Am 7. März 2022 präsentierte die Hohe Kommissarin für Menschenrechte ihren Bericht bezüglich der Situation in Afghanistan, mit einem Schwerpunkt auf den Prozess der Verantwortlichkeit für Menschenrechtsverletzungen und -missbräuchen vom August 2021 bis Februar 2022. Der Bericht beleuchtet eine Summe von 1'153 Zivilopfer, darunter 397 Tote, die dem Angriff des Islamischen Staates im Irak und in der Levante - Provinz Chorasan (ISIL-KP) zugeschrieben werden. Ausserdem wird aufgezeigt, dass die afghanische Bevölkerung noch immer einer humanitären Krise ausgesetzt ist und die grundlegenden Menschenrechte durch die Taliban-Behörde beeinträchtigt werden. Ungeachtet der allgemeinen Amnestieverpflichtungen, die die Taliban seit Beginn ihrer Herrschaft angekündigt haben, werden unter ihrer Führung Tötungen von ISIL-KP Mitgliedern und ehemaligen afghanischen Staatsbeamten ausgeführt. Die humanitäre Krise wurde ausgelöst von Sanktionen, die von der internationalen Gemeinschaft gegen die Taliban nach der Machtübernahme am 15. August 2021 auferlegt wurden. Aus diesem Grund haben Zivilisten aktuell nur limitierten Zugang zu Lebensmitteln, medizinischer Versorgung und Bildung. Infolgedessen haben die Menschen in Afghanistan zu zu verurteilenden Mitteln gegriffen, um zu überleben, darunter immer schlimmere Massnahmen wie Kinderarbeit, Zwangsheirat und der Verkauf von Kindern. Frauen und Mädchen zählen dabei zu den am stärksten betroffenen Opfern inmitten der humanitären Krise, zusätzlich der bereits bestehenden Diskriminierung und geschlechterspezifischen Gewalt gegen sie. Die Diskriminierung gegen Frauen zeigt sich in der Zusammensetzung der de-facto Verwaltung, die ausschliesslich aus männlichen Mitgliedern besteht, und der Auflösung des Ministeriums für Frauenangelegenheiten am 18. September 2021. Unter der de-facto Verwaltung führte die Taliban Einschränkungen von fundamentalen Freiheiten ein, einschliesslich der Meinungsäusserungsfreiheit und der Bewegungsfreiheit der Zivilgesellschaft, die vor allem gegenüber Frauen strikt durchgesetzt wurden. Nach all den Grausamkeiten ist noch immer kein Prozess für die Verantwortlichkeit und der Rechtsprechung in Sicht, welche von der Taliban-Regierung vorgesehen wurde. Die de-facto Regierung haben eine "Kommission zur Säuberung der Ränge" eingesetzt, um den Beschwerden über den Machtmissbrauch von Taliban Mitgliedern nachzugehen. Dabei wurden über 4000 Mitglieder ausgeschlossen. Die meisten Richter, Staatsanwälte und Verteidigunger des alten Regimes wurden ausgeschlossen und durch ein de-facto Justizministerium ersetzt, welches die Autorität der unabhängigen afghanischen Anwaltskammer an sich gerissen hat. Positiv zu vermerken ist, dass die Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA), gemeinsam mit dem Büro der Hohen Kommissarin für Menschenrechte (OHCHR), einen Mechanismus zum Austausch von Dokumenten über Menschenrechtsverletzungen mit dem de-facto Innenministerium entwickelt hat. Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) beantragte ebenfalls die Aufnahme von Ermittlungen in Afghanistan, da keine Aussicht auf eine wirksame inländische Untersuchung in Afghanistan besteht.
Am 30. März 2022 wurde ein weiterer Bericht von der Hohen Kommissarin vorgelegt, betreffend die Menschenrechtslage in Afghanistan und die Leistungen technischer Hilfe im Bereich der Menschenrechte für den Zeitraum von Dezember 2020 bis November 2021. Der Bericht legt insbesondere die Überwachung und technische Unterstützung durch die UNAMA und das OHCHR vor der Machtübernahme durch die Taliban am 15. August 2021 dar. Die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung belief sich auf mindestens 8300, wobei 2400 Tote auf die Kämpfe zwischen regierungsfeindlichen Gruppen (insbesondere Taliban und ISIL-KP) und regierungsfreundlichen Kräften (afghanische Nationale Verteidigung, Sicherheitskräfte und internationale Streitkräfte) zurückzuführen sind. Das UNAMA und OHCHR schrieb mehr als die Hälfte der Opfer den regierungsfeindlichen Gegnern zu, in erster Linie durch Anschläge mittels improvisierten Sprengsätzen und Selbstmordattentätern in zivil besiedelten Gebieten. Zudem wurden Angriffe auf Personen hors de combat, Schulen und Krankenhäuser verübt, obwohl dabei zu vermerken ist, dass die weit verbreiteten Feindseligkeiten grösstenteils eingestellt wurden, nachdem die Taliban die Kontrolle über das Land übernommen hatten. Im Gegensatz dazu wurde die afghanische Regierung wegen Foltervorwürfen gegen inhaftierte Personen durch die afghanische Nationalpolizei und das Nationale Sicherheitsdirektorat kritisiert. Nach den langen Bemühungen zur Förderung von Frieden und Versöhnung zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung wurde die Arbeit der afghanischen Unabhängige Menschenrechtskommission eingestellt, nachdem die Taliban am 15. August 2021 ihr Büro besetzt hatten. Diese nationale Menschenrechtsinstitution wurde von der UNAMA und dem OHCHR koordiniert, um politische Optionen für die Verantwortlichkeitspflicht und den Prozess der Übergangsjustiz in Afghanistan zu erarbeiten.
Interaktiver Dialog
Die Hohe Kommissarin für Menschenrechte, Michele Bachelet, sprach ihre Enttäuschung und Besorgnis aus betreffend die zivilen Opfer nach der Militärübernahme des Landes. Sie betonte dabei die besorgniserregende Zahl der aussergerichtlichen Tötungen von Bürgern und ehemaligen Regierungsmitarbeitern sowie den Erlass des de-facto Innenministers über das Verbot des Einsatzes von Schutzwaffen an Kontrollpunkten und die Verpflichtung, vor einer Hausdurchsuchung einen gerichtlichen Beschluss einzuholen. Sie wies auf die humanitäre und wirtschaftliche Krise des Landes hin, welche die Ausübung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der afghanischen Bevölkerung untergraben. Die Hohe Kommissarin drängte die de-facto Regierung dazu, die Menschenrechte und fundamentalen Freiheiten der afghanischen Zivilbevölkerung, insbesondere der Frauen und Mädchen, aktiv zu schützen.
Der Botschafter und Ständige Vertreter Afghanistans bei den Vereinten Nationen, Nasir Ahmad Andisha, begrüsste den Bericht der Hohen Kommissarin und die internationale Unterstützung für Afghanistan. Er bestätigte die erschütternde Realität in Afghanistan und die Verschlechterung der Menschenrechte unter der Macht der Taliban im Vergleich zur vorherigen Regierung Afghanistans. Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass die Taliban und ihre Angehörigen noch immer als Terroristengruppen einzuordnen sind. Er betonte dabei, dass die Normalisierung und Anerkennung der de-facto Regierung als sog. "carte blanche" für andere gewalttätige Gruppen dienen wird, ihrem Beispiel zu folgen. Gleichzeitig forderte der Vertreter humanitäre Hilfe von anderen Ländern über verlässliche Wege, um den Missbrauch zu verhindern und die Rechte aller Menschen in Afghanistan zu garantieren. Der Vertreter rief die Sonderbeauftragte abschliessend zu einem sofortigen Einsatz auf, um ihrem Mandat nachzukommen.
Die Europäische Union, vertreten durch Lotte Knudsen, zeigte sich über die Unterdrückung der bürgerlichen und politischen Rechte in Afghanistan, insbesondere die Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie die Rechte von Menschenrechtsverteidigern, Frauen und Minderheiten, zutiefst besorgt. Die EU bestätigte ihr Engagement, mit den entsprechenden Akteuren betreffend die humanitäre Krise im Land zu kooperieren und betone dabei die Verantwortlichkeit und Verpflichtungen der Taliban im Rahmen des Völkerrechts.
Der Vertreter Pakistans, Khalil Ur Rahman Hashmi, sprach im Namen der Organisation für Islamische Kooperation (OIC). Er erläuterte, dass die Krise in Afghanistan heute ein Ergebnis infolge von Konflikten und Instabilität in den letzten Jahrzehnten ist. Die OIC unterstützte den Aufruf des Menschenrechtsrates, die humanitäre Hilfe voranzubringen und befürwortete die Beendigung der Einfrierung von Bankkonten und Vermögenswerten Afghanistans. Darüber hinaus erinnerte der Vertreter an das Engagement der OIC mit der de-facto Regierung, welches ein humanitäres Treuhandfond und ein Programm zur Ernährungssicherung beinhaltet.
Die lateinamerikanischen Staaten, vertreten durch die Delegierte Mexikos, Francisca E. Mendes Escobar, riefen die Probleme der Geschlechterungleichheiten ins Gedächtnis. Die Vertreterin betonte dabei die Beteiligung der Frauen im öffentlichen Leben (humanitärer Prozess, friedlicher Dialog und Regierung) und den Zugang zu Bildung für Mädchen. Sie verurteilte die Einschränkungen gegen Vereinigungen, die sich für die Rechte der Frauen und Mädchen in Afghanistan einsetzen, und forderte die de-facto Regierung auf, die Meinungs- und Vereinsfreiheit zu respektieren.
Harald Aspelund, im Namen der nordisch-baltischen Staaten, äusserte sich ablehnend gegenüber der Diskriminierung von Frauen und Mädchen in Afghanistan, vor allem was den Zugang zu Bildung und den Ausschluss von politischen und sozialen Angelegenheiten betrifft. Der Vertreter unterstrich die willkürlichen Tötungen, die Gewalt und Einschüchterung gegenüber friedlichen Demonstranten, Journalisten und Medienschaffenden, nicht zu vergessen, ebenso Menschenrechtsverteidigern und Personen, die mit der vorgängigen Regierung in Verbindung gebracht wurden, sowie ethnischen, religiösen und sexuellen Minderheiten.
Die Vertreterin für UN-Women, Adriana Quinones, nahm ebenfalls an der Sitzung teil und würdigte die besondere Aufmerksamkeit, die den Frauen und Mädchen in der Afghanistan Krise gewidmet wird. Die Vertreterin forderte die internationale Gemeinschaft zu dringender Handlung auf, um die afghanische Frauenbewegung zu unterstützen, wie z.B. das Lobby-Programm der betreffenden Organisationen. Sie befürwortete Überwachungssysteme im Land, einschliesslich Untersuchungen und Beweissicherung als Schritt zur Gewährleistung der Frauenrechte und zur Rechenschaftspflicht gemäss den Menschenrechtsgesetzen in Afghanistan.
Der Vertreter Chinas, Jian Duan, äusserte, dass die Vereinigten Staaten für die anhaltende Krise in Afghanistan verantwortlich seien, was auf den Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan und die Einfrierung von Vermögenswerten zurückzuführen sei. China drängte die USA dazu, die einseitigen Sanktionen sofort einzustellen, indem sie die Vermögenswerte Afghanistans zurückerstatten und mit konkreten Massnahmen zur Unterstützung der afghanischen Bevölkerung beitragen.
Die Vertreterin der Vereinigten Staaten, Michele Taylor, wies dagegen auf die mutmasslichen Menschenrechtsverletzungen durch die Taliban hin, insbesondere die Beeinträchtigung der bürgerlichen und politischen Rechte der afghanischen Bevölkerung und die Einschränkung des Zugangs zu Informationen über Menschenrechtsverletzungen. Abschliessend forderte die Vertreterin die de-facto Regierung dazu auf, mit der Sonderbeauftragten für die zukünftige Dokumentierung, Überwachung und Berichterstattung mit den Vereinten Nationen zu kooperieren.
Vertreter des Vereinigten Königreichs und Australien sprachen tiefste Besorgnis über die Aushöhlung der Menschenrechte für Frauen und Mädchen und die Vorwürfe mutmasslicher aussergerichtlicher Hinrichtungen trotz der Ankündigung einer generellen Amnestie durch die Taliban aus.
Der Vertreter Saudi-Arabiens Abdulaziz M.O. Alwasil, formulierte einen andersartigen Ansatz gegenüber der internationalen Gemeinschaft. Der Vertreter bekräftigte, dass es für die Sicherheit und Stabilität des Landes notwendig sei, die territoriale Integrität und Souveränität aufrechtzuerhalten und eine ausländische Intervention zu verhindern sei. Saudi- Arabien drängte die internationale Gemeinschaft dazu, Afghanistan mit humanitärer Hilfe zu unterstützen und forderte alle Konfliktparteien auf, die Leben der afghanischen Bevölkerung zu respektieren und die internationalen Rechtsvorschriften zu beachten, insbesondere die Rechte der Frauen betreffend Bildung und Arbeit, wie es in der islamischen Sharia Gesetzgebung festgehalten ist.
Nichtregierungsorganisationen kritisierten die Diskriminierung gegen Frauen und Mädchen sowie Minderheiten in Afghanistan. Zudem wurde dazu aufgerufen, die Einfrierung der Vermögenswerte Afghanistans sowie die finanziellen Sanktion zu sistieren. Die afghanische unabhängige Menschenrechtskommission erinnerte die Delegierten daran, dass trotz der Verschlechterung der Menschenrechtslage noch immer nicht offiziell ihre Absicht bekundet haben, die nationalen und internationalen rechtlichen Verpflichtungen vollständig zu erfüllen.
Schliesslich hielt die stellvertretende Generalsekretärin für Menschenrechte, Frau Ilze Brands Kehris, ein Schlussstatement, um die Fragen und Bedenken der Delegierten zu klären. Sie erklärte, dass die internationale Gemeinschaft in Bezug auf den Plan, mit den Taliban zu kooperieren, eine kohärente Botschaft entwickeln sollte und menschenrechtliche Fragen mit den Taliban abgleichen müsse. Zwar erkannte die stellvertretende Generalsekretärin für Menschenrechte die Auswirkungen der internationalen Wirtschaftssanktionen auf Afghanistan an, jedoch begrüsste er auch die Massnahmen der Vereinigten Staaten, einige Mittel für die humanitären Organisationen freizugeben. Bezüglich der Frage der Rechenschaftspflicht nahm die stellvertretende Generalsekretärin die Entwicklungen der Gespräche zwischen der UNAMA und den Taliban zur Kenntnis. Der Prozess der Verantwortlichkeit bleibt vorerst ein kritisches Thema in den Berichten des Menschenrechtsrats, insbesondere die Notwendigkeit eines umfassenden Systems der Übergangsjustiz inmitten der dysfunktionalen innenpolitischen Bemühungen. Sie beleuchtete, dass der Internationale Strafgerichtshof Untersuchungen zu internationalen Verbrechen im Rahmen seines Mandats fortführen werde.
Präsentation der Ergebnisse der technischen Hilfe im Bereich der Menschenrechte
Am 30. März 2022 hielt der Direktor der Feldoperationen und der technischen Abteilung der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Herr Christian Salazar Volkmann, einen Vortrag über die Menschenrechtssituation in Afghanistan gemäss dem Bericht der Hohen Kommissarin Nr. 49/90 und die technische Hilfe in Afghanistan gemäss dem Beschluss Nr. 2/11 und der Resolution 14/15. Die technische Unterstützung vor August 2021 war bedeutungsvoll für die Entwicklung von Schutz und die Realisierung der Menschenrechte der afghanischen Bevölkerung. UNAMA und das OHCHR zeigten sich äusserst kooperativ, um die vorgängige Regierung Afghanistans in verschiedenen Aktivitäten zu unterstützen, zusammen mit dem Treuhandfond für die Implementierung der allgemeinen periodischen Überprüfung, dem Programm zum Aufbau von Kapazitäten der Vertragsorgane und dem regelmässigen Angebot für technische Zusammenarbeit. Nachdem die Taliban die Macht über das Land übernahmen, verschob sich der Fokus der technischen Zusammenarbeit auf Überwachungs- und Berichterstattungssysteme über die Menschenrechtslage in Afghanistan.
Afghanistan als betroffenes Land, vertreten durch Nazir Ahmad Andisha, machte auf den Kontrast der Menschenrechtslage vor und nach der Machtübernahme durch die Taliban aufmerksam. Der Vertreter betonte ausserdem, dass es trotz der von den Taliban verursachten Beeinträchtigungen der Menschenrechtsstandards für das Volk noch Hoffnung gibt. Er forderte abschliessend die internationale Gemeinschaft dazu auf, den Einsatz von verfügbaren und potenziellen Ressourcen zu erleichtern, um die Verschlechterung der Menschenrechtslage in Afghanistan zu vermindern.
Position von Geneva International Centre for Justice
Geneva International Centre for Justice (GICJ) begrüsst die zwei vorgelegten Berichte der Hohen Kommissarin betreffend die humanitäre Lage Afghanistans. Wir sind zutiefst über die Zahl der zivilen Opfer besorgt, auch wenn die Feindseligkeiten in Afghanistan nachgelassen haben. Alle Konfliktparteien, insbesondere die de-facto Regierung, müssen das humanitäre Völkerrecht befolgen und Zivilisten und andere geschützte Objekte verschonen. Wir verurteilen die Untergrabung der Menschenrechte durch die Taliban im Zusammenhang mit aussergerichtlichen Tötungen, Bedrohungen der persönlichen Sicherheit und Diskriminierung von Frauen und Mädchen. Wir fordern die de-facto Regierung dazu auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen und den ehemaligen Regierungsbeamten Amnestie zu gewähren und den Minderheiten sowie Frauen und Mädchen die gleichen Menschenrechte zu gewähren.
Human Rights Council, 49th HRC, Justice, Human rights, Geneva, geneva4justice, GICJ, Geneva International Centre For Justice