verfasst von: Charlotte von Bremen-Kühne
Das Geneva International Centre for Justice (GICJ) hat einen Bericht über die UN-Klimakonferenz (COP26) veröffentlicht, in der der Hintergrund und die Entwicklungen der Konferenz beleuchtet und bisherige Ergebnisse ausgewertet werden.
Eingeleitet wird der Bericht mit Erwägungen zum Hintergrund der UN-Klimakonferenz 2021, in denen die Tagung mit zugehörigen internationalen Verträgen einordnet und eine Auswahl von Ereignissen wiedergegeben werden, die die Dringlichkeit des COP26 und die des Klimawandels insgesamt veranschaulicht. Dabei wird insbesondere Bezug auf die Daten der World Meteorological Organziation genommen, die über die letzten zwei Jahre einen weiteren Anstieg aller größeren Treibhausgase festgestellt hat. Dieser Anstieg resultierte im Jahr 2021 in extreme Hitzewellen, außergewöhnlichen Temperaturrekordwerten, Waldbränden und Überflutungen. Das Jahr war zudem geprägt von großer Dynamik – einerseits aufgrund der unermüdlichen Arbeit von Klimaaktivist*innen und Demonstrierenden, etwa der „Fridays for Future“-Bewegung, andererseits wegen wissenschaftlichen Arbeiten, die die Notwendigkeit schnellen Handels durch nicht widerlegbare Fakten unterstrich. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist insbesondere die Veröffentlichung des Sechsten Sachstandsberichts des IPCC.
Kern des Berichtes ist die Frage, ob COP26 menschenrechtliche Probleme, die aus der Klimakrise direkt resultieren, berücksichtigt hat.
Diese Frage kann jedoch nicht beantwortet werden, ohne den Zusammenhang zwischen internationalen Menschenrechten und dem Klimawandel zu bestimmen. Dabei fährt der Bericht damit fort, die wichtigsten Verträge, Organe und Mechanismen der Vereinten Nationen zu ermitteln, die sich mit dem Thema Klimawandel – entweder isoliert oder bereits im Kontext menschenrechtlicher Fragestellungen – auseinandersetzen: Das sind insbesondere die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, das IPCC, die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte und der UN-Menschenrechtsrat. Letzterer erregte im Jahr 2021 Aufmerksamkeit, als er die eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt als Menschenrecht deklarierte.
Im Anschluss an diese Auflistung folgt eine zusammenfassende Beurteilung, inwieweit Menschenrechte und der Klimawandel miteinander verknüpft sind. Es ist anerkannt, dass der Klimawandel als Konsequenz kolonialer Ausbeutung von Mensch und Natur Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten fördert. Bereits jetzt zeigt sich, dass sie für einige Bevölkerungsgruppen fatale Auswirkungen hat. Sollte es nicht gelingen, diese Implikationen zu stoppen oder jedenfalls zu reduzieren, wird sich die Erde weiterhin aufheizen – auf Kosten menschlichen Lebens.
Der Bericht wertet anschließend die wichtigsten Resultate des COP26 aus. Dabei werden diverse Abmachungen und Zusicherungen von Staaten beleuchtet, etwa der Global Methane Pledge, die Glasgow Financial Alliance for Net-Zero oder die Beyond Oil and Gas Alliance. Insbesondere werden aber Punkte des Glasgowpakts untersucht. Dabei werden einzelne Errungenschaften zunächst wertungsfrei in vier Säulen – Minderung (mitigation), Anpassung (adaption), Entschädigung (compensation) und Unterstützung (support) – teils unter Zugrundelegung des Vertragstextes untersucht. Im Anschluss daran folgt eine Bewertung der Ergebnisse, die mit der Einschätzung beginnt, dass es keine definitive Antwort auf die Frage gibt, ob der Glasgowpakt menschenrechtliche Fragestellungen berücksichtigt. So wurde im Anschluss an COP26 oft festgestellt, die Konferenz ende mit gemischten Resultaten. Jede Errungenschaft ist für sich genommen stets ein Schritt in die richtige Richtung. Viele Staaten haben sich über wichtige Punkte – teils erstmalig – geeinigt. Allerdings stellt die Einigung den ersten Schritt von vielen dar, und ein Blick in die Vergangenheit offenbart, dass die weiteren Schritte oftmals ausblieben. Darüber hinaus wurde die Sprache des Vertragstextes abgeschwächt, was einen Mangel an damit einhergehenden Handlungswillen suggeriert. Ungeachtet dessen enthält der Vertragstext zum ersten Mal die Verpflichtung, fossile Rohstoffe zu reduzieren. Letztlich ist bei einer Konferenz von solcher Größe, mit Teilnehmenden unterschiedlicher Interessen und das Aufeinandertreffen von entwickelten Staaten und Entwicklungsstaaten stets ein Kompromiss zu erwarten. Es bleibt abzuwarten, ob die Staaten ihre Zusicherungen umsetzen. Nur, wenn die Auswirkungen der Klimakrise weiter reduziert werden können, Staaten Anpassungsmaßnahmen vornehmen und entwickelte Staaten Verantwortung übernehmen, Entwicklungsstaaten zu unterstützen und zu entschädigen, können auch Menschenrechtsverletzungen, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel auftreten, reduziert werden.
Der Bericht schließt mit einer weiteren Bewertung ab, in der das GICJ Stellung nimmt. Das GICJ ist der Ansicht, dass der Klimawandel grundlegende und irreversible Auswirkungen auf Mensch und Natur hat. Vor dem Hintergrund des evidenten Zusammenhangs von Menschenrechtsverletzungen und der Klimakrise, weist das GICJ darauf hin, dass Staaten ihre menschenrechtlichen Schutzpflichten wahrnehmen müssen. Obwohl das GICJ alle Errungenschaften des COP26 und honoriert, stellt es fest, dass die Resultate insgesamt zu kurz greifen, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden. Die Lücke zwischen dem, was Staaten tun können und was Staaten bereit sind zu tun, ist immer noch zu groß. Unter Berücksichtigung der verheerenden Konsequenzen, die steigende Temperaturen nach sich ziehen, ist insbesondere das 1,5 Grad Celsius Limit ein unverzichtbarer Schritt. Ein Schritt, der angesichts nicht vorhandener Verpflichtungen zur Erreichung dieses Ziels zu einem bestimmten Datum im Rahmen des COP26 jedoch nur sehr zaghaft angedeutet wurde.
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