50. Tagung des Menschenrechtsrates
13. Juni - 8. Juli 2022
Punkt 10: Technische Hilfe und Aufbau von Kapazitäten
5. Juli 2022
Von Conall Corrigan / GICJ
Übersetzt von Loïc Dorthe
Zusammenfassung
Trotz des fehlenden Zugangs zu dem Gebiet hat das Büro der Hochkomissarin für Menschenrechte (OHCHR) bestätigt, dass die russischen Behörden in der Ukraine für eine Reihe von Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, einschliesslich der Anwendung von Folter und grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung von Zivilisten, der Einschränkung der Meinungsfreiheit, der Meinungsäusserungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit, sowie der Einschränkung der Rechte von Angeklagten auf ein öffentliches Verfahren.
Während der 35. Sitzung der 50. ordentlichen Tagung des Menschenrechtsrates am 5. Juli berichtete die Hochkommissarin für Menschenrechte mündlich über die Lage und diskutierte den Zwischenbericht des Generalsekretärs zur Menschenrechtssituation auf der Krim. In ihrem mündlichen Bericht wies Frau Bachelet darauf hin, dass die Zivilbevölkerung die grösste Last der Feindseligkeiten zu tragen hat, deren Ende nicht in Sicht zu sein scheint. Dennoch bekräftigte sie das Engagement der Vereinten Nationen, die Menschenrechtslage in der gesamten Ukraine zu überwachen und den Opfern Wiedergutmachung zu leisten.
Die meisten Staaten waren bestrebt, Russlands Vorgehen in der Ukraine anzuprangern, und einige fragten die Hohe Kommission, wie sie weitere Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht und die internationalen Menschenrechte verhindern und die Rechenschaft zugunsten der Opfer sicherstellen können.
Geneva International Centre for Justice (GICJ) verurteilt weiterhin das Vorgehen Russlands in der Ukraine und fordert alle Konfliktparteien auf, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. GICJ begrüsst die bereits eingeleiteten Initiativen zur Rechenschaftspflicht, insbesondere durch den Internationalen Strafgerichtshof und die Untersuchungskommission zur Ukraine.
Hintergrund
Mit der Verabschiedung der Resolution 76/179 der Generalversammlung zur Lage der Menschenrechte in der vorübergehend besetzten Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol wurde der Generalsekretär aufgefordert, über die Fortschritte bei der Umsetzung der Resolution zu berichten. Der Generalsekretär wurde ausserdem gebeten, dem Menschenrechtsrat auf seiner 50. Tagung einen Zwischenbericht vorzulegen, um die aktuelle Lage in der Region zu bewerten und Vorschläge zu ihrer Verbesserung zu unterbreiten.
Darüber hinaus hat der Menschenrechtsrat gemäss Resolution 47/22 über die Zusammenarbeit mit der Ukraine und die Unterstützung der Ukraine im Bereich der Menschenrechte, die Hochkomissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte gebeten, den Mitgliedstaaten des Menschenrechtsrates im Rahmen eines interaktiven Dialogs weiterhin mündlich über die Menschenrechtslage in der Ukraine zu informieren.
Mündlicher Bericht der Hochkommissarin für Menschenrechte
Frau Bachelet wies darauf hin, dass ihre Feststellungen den Zeitraum vom 24. Februar bis zum 15. Mai betreffen und auf Informationen beruhen, die von der UN-Beobachtungsmission in der Ukraine gesammelt wurden. Die Informationen wurden bei 11 Vorort-Besuchen zusammengetragen, die 517 Interviews mit Zeugen und Überlebenden von Menschenrechtsverletzungen und drei Besuche in Haftanstalten umfassten. Sie betonte, dass der Konflikt zu einem Synonym für Massenvertreibungen und tägliche Tötungen geworden sei, und bekräftigte die Zusage der Vereinten Nationen, die Menschenrechtslage in der gesamten Ukraine weiterhin zu beobachten. Die hohe Zahl der Opfer und die Schäden an der zivilen Infrastruktur nehmen weiter zu, und es wird befürchtet, dass die Angriffe der russischen Streitkräfte und mit ihnen verbundener Gruppen gegen das humanitäre Völkerrecht verstossen. Die Hochkommissarin stellte jedoch auch fest, dass die ukrainischen Armee, die in den östlichen Teilen des Landes operiert, in bestimmten Fällen ihren Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht nicht nachgekommen ist. Bis zum 3. Juli hat das OHCHR über 10.000 Tote und Verletzte unter der Zivilbevölkerung in der Ukraine dokumentiert. Frau Bachelet gibt an, dass sich unter den 4889 bisher dokumentierten Todesopfern des Konflikts 335 Kinder befinden. Die meisten der konfliktbezogenen Todesfälle sind auf den Einsatz von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten zurückzuführen, einschliesslich durch schwere Artilleriebeschuss und Luftangriffe. Die Hochkommissarin kritisierte das Verhalten der russischen Armee während des Konflikts. Sie räumte jedoch ein, dass beide Konfliktparteien auf menschliche Schutzschilde zurückgegriffen hätten, und kritisierte die Anwendung dieser Praxis.
Das Büro der Hochkommissarin betonte, dass der Konflikt zur Vertreibung von 8 Millionen Menschen geführt hat, was unverhältnismässig grosse Auswirkungen auf Frauen, Kinder, Senioren und Menschen mit Behinderungen hat. Darüber hinaus wird durch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit in und aus den von der russischen Armee oder mit ihr verbundenen Gruppen besetzten Regionen der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen eingeschränkt. Frau Bachelet bestätigte, dass über 400 medizinische und schulische Einrichtungen zerstört wurden, räumte jedoch ein, dass diese Zahl in Realität wahrscheinlich viel höher ist. Bisher wurden Tausende von Häusern zerstört, und die ukrainische Regierung arbeitet derzeit an der Einrichtung eines umfassenden Kompensationsmechanismus, um denjenigen, die ihr Eigentum verloren haben, zu helfen. Die Hochkommissarin stellte fest, dass der derzeitige Entwurf dieses Gesetzes die Bewohner der von den russischen Kräften kontrollierten Gebiete ausschliesst, erinnerte den Rat jedoch daran, dass alle Opfer das gleiche Recht auf Entschädigung haben. Frau Bachelet äusserte sich besorgt über die Anwendung rechtswidriger Tötungen, einschliesslich Hinrichtungen im Schnellverfahren. Es gebe immer mehr Beweise dafür, dass Russland in dieser Hinsicht schwere Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht begangen habe. Bis zum 15. Mai wurden allein in Kiew über 1200 zivile Leichen geborgen, und ihr Büro arbeitet daran, 300 Behauptungen über Tötungen durch russische Kräfte zu bestätigen, die nicht mit aktiven Kampfhandlungen in Verbindung standen. Die Hohe Kommissarin betonte, dass die willkürliche Inhaftierung von Zivilisten in den von Russland kontrollierten Gebieten weit verbreitet ist. Trotz Zugangsbeschränkungen hat das OHCHR 270 Fälle von willkürlicher Verhaftung und gewaltsamen Verschwindenlassen dokumentiert. Darüber hinaus haben die ukrainischen Sicherheitskräfte und die ukrainische Polizei Berichten zufolge über 1000 Personen festgenommen, die beschuldigt werden, russische bewaffnete Gruppen zu unterstützen. Frau Bachelet erklärte, sie sei besorgt darüber, dass diese Verhaftungen möglicherweise nicht im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen der Ukraine durchgeführt wurden, und räumte ein, dass es sich in 12 Fällen um ein gewaltsames Verschwindenlassen durch die Ukraine handeln könnte. Die Hochkommissarin beschuldigte beide Seiten, entsetzliche Folterungen und Misshandlungen von Kriegsgefangenen begangen zu haben, und beklagte die mangelnden Fortschritte bei der Rechenschaftspflicht der Verantwortlichen. Ihr Team hat 28 Fälle konfliktbedingter sexueller Gewalt bestätigt, darunter Vergewaltigungen, Androhungen sexueller Gewalt und erzwungene öffentliche Entkleidung. Sie begrüsste die von Ukraine jüngste Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen durch.
Frau Bachelet wies auf die 17 bestätigten Todesfälle von Journalisten, Bloggern und Medienmitarbeitern als Folge der Feindseligkeiten hin. Sie betonte, dass auf der Krim neue Gesetze den ohnehin begrenzten Raum für die Äusserung abweichender Meinungen einschränken. Derzeit sind 41 Fälle der strafrechtlichen Verfolgung von Krim-Bewohnern wegen Diskreditierung der russischen Armee dokumentiert, und zahlreiche Medien wurden blockiert, darunter auch der Zugang zu Websites, die Menschenrechtsverletzungen und Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht thematisieren. Die Hohe Kommissarin forderte unabhängige, unparteiische und wirksame Untersuchungen aller Fälle von Folter, Misshandlung und gewaltsamem Verschwindenlassen und fügte hinzu, dass die Auswirkungen dieses Konflikts weit über die Grenzen der Ukraine hinausreichen und sich von Tag zu Tag weiter ausbreiten. Sie forderte alle Konfliktparteien auf, ihre Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht und der internationalen Menschenrechtskonvention in vollem Umfang zu erfüllen. Zum Abschluss ihrer Ausführungen forderte sie die internationale Gemeinschaft auf, Akteure zu unterstützen, die mit Überlebenden sexueller Gewalt und Misshandlung arbeiten, insbesondere in kleineren Städten und ländlichen Gebieten. Sie appellierte an alle Konfliktparteien, ihrem Büro und unabhängigen Beobachtern ungehinderten Zugang zu Haftanstalten zu gewähren, und betonte, dass beide Seiten alle Vorwürfe im Zusammenhang mit den Menschenrechten und dem humanitären Völkerrecht untersuchen müssten.
Redner der betroffenen Länder
Der Präsident des Menschenrechtsrates stellte fest, dass die Russische Föderation im Saal anwesend war, entschied sich jedoch, im Rahmen der Rednerliste das Wort zu ergreifen, bevor er dem Vertreter der Ukraine das Wort erteilte.
Die ukrainische Vertreterin wies zunächst darauf hin, dass die gesamte Nation nun viel Schmerz und Leid erfahren habe, der auch künftige Generationen betreffen werde. Sie betonte, dass sich das Epizentrum der Feindseligkeiten nun auf die östliche und südliche Region der Ukraine verlagert habe und dass die Liste der Städte, denen das gleiche verheerende Schicksal wie Mariupol drohe, immer länger werde. Viele Städte sind unbewohnbar geworden und zahlreiche Gebiete sind ständig von Raketenangriffen bedroht. In der vergangenen Woche wurden in der gesamten Ukraine mindestens 500 Mal zivile Infrastrukturen beschossen. Infolge des Konflikts wurden die Häuser von mindestens 2,5 Millionen Menschen zerstört. Die Delegierte betonte, dass der jüngste Bombenanschlag auf ein Einkaufszentrum in der Stadt Krementschuk, bei dem Dutzende von Zivilisten getötet wurden, aus militärischer Sicht keinen Sinn ergibt, und bezeichnete ihn als "eindeutigen Terroranschlag". Sie räumte zwar ein, dass die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mehr als 20.000 von russischen Kräften begangene Aggressions- und Kriegsverbrechen registriert habe, appellierte aber an internationale Menschenrechts- und Untersuchungsmechanismen, alle russischen Verbrechen objektiv zu bewerten.
Die Vertreterin wies auf die globalen Folgen der derzeitigen Feindseligkeiten in einigen der ärmsten Regionen der Welt hin. Sie erklärte, dass Putin die internationale Gemeinschaft nun als Geisel nimmt, da er den starken Willen des ukrainischen Volkes nicht bekämpfen könne. Wenn die russische Blockade der ukrainischen Häfen anhält, würden Millionen von Tonnen an Lebensmitteln verderben, was dazu führe, dass in Afrika und Asien Millionen von Menschen hungern müssten. Die Ukraine betonte, dass die Krim zu einem Gebiet mit groben Menschenrechtsverletzungen geworden sei, darunter politisch motivierte Verhaftungen und Zwangsrekrutierungen. Die Delegierte schloss mit der Feststellung, dass Russland während des gesamten Konflikts das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte völlig missachtet habe, und betonte, dass Gerechtigkeit nur durch Rechenschaftspflicht und die vollständige Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine wiederhergestellt werden könne. Sie forderte die internationale Gemeinschaft auf, sich gemeinsam für diese Ziele einzusetzen, um sicherzustellen, dass die ukrainische Bevölkerung Zugang zu wirksamen Rechtsmitteln hat.
Diskussion im Menschenrechtsrat
Litauen zeigte sich im Namen der nordischen und baltischen Länder entsetzt über die unprovozierte Aggression Russlands gegen die Ukraine und erinnerte den Rat daran, dass die Tötung tausender Zivilisten, darunter auch Kinder, und die Bombardierung ziviler Infrastrukturen inakzeptabel sind und möglicherweise Kriegsverbrechen darstellen. Der Vertreter forderte die internationale Gemeinschaft auf, Russland für sein Vorgehen zur Rechenschaft zu ziehen. Es wurde Besorgnis über die sich verschlechternde Menschenrechtslage auf der Krim geäussert, wo Berichte über willkürliche Verhaftungen, Fälle von Folter und Zwangsumsiedlungen an der Tagesordnung sind. Der Delegierte forderte Russland auf, internationalen Überwachungs- und Menschenrechtsmechanismen ungehinderten Zugang zur Krim und zu den Konfliktgebieten in der Ukraine zu gewähren, um eine unparteiische Untersuchung aller Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen und -missbrauch zu ermöglichen. Litauen forderte Russland auf, alle seine Truppen aus der Ukraine abzuziehen und bekräftigte seine Unterstützung für die Souveränität, territoriale Integrität und Unabhängigkeit der Ukraine. Der Vertreter schloss seine Erklärung mit der Frage an die Hohe Kommissarin, wie die Staaten die Menschenrechtsverteidiger in der Ukraine unterstützen können.
Die Europäische Union verurteilte alle Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht in der Ukraine und zeigte sich schockiert über die Anwendung von Folter, willkürliche und aussergerichtliche Hinrichtungen, das Verschwindenlassen von Personen und die konfliktbedingte sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt in dem Land. Die Vertreterin forderte Russland erneut auf, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, und forderte, dass diejenigen, die für Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht verantwortlich sind, für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Die Delegierte fragte die Hochkomissarin, wie die internationale Gemeinschaft besser zusammenarbeiten könne, um weitere Verstösse gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht in der Ukraine zu verhindern.
Die Russische Delegation behauptete, das OHCHR habe sich zu einem Instrument im Dienste der Interessen einer Gruppe von Staaten degradiert. Er stellte fest, dass der Ton und der Inhalt des Berichts über die Krim zeigen, dass das OHCHR Teil einer Desinformationskampagne gegen Russland ist, die für die Verbreitung von Lügen und die Manipulation der öffentlichen Meinung verantwortlich ist, um Waffenlieferungen an die ukrainische Regierung zu rechtfertigen. Der Vertreter kritisierte, dass der Bericht nicht auf die Tatsache eingehe, dass die ukrainischen Kräfte für die Zerstörung von religiösen Stätten verantwortlich seien. Darüber hinaus rügte Russland die Hochkommissarin und den Leiter der Beobachtermission in der Ukraine dafür, dass sie den massiven Beschuss von Wohnhäusern und ziviler Infrastruktur in der Donezker Volksrepublik (DVR) und der Lugansker Volksrepublik (LPR) durch die ukrainischen Streitkräfte im Mai und Juni mit Waffen, die seiner Ansicht nach zum Teil von NATO-Ländern geliefert wurden, nicht untersucht hätten. Der Delegierte behauptete, dass ukrainische "Neonazis" mit stillschweigender Billigung des Menschenrechtsrates die Zivilbevölkerung im Donbass terrorisiert haben und nun zu Komplizen von Verbrechen geworden sind, die von der ukrainischen Regierung und ihren westlichen Sponsoren begangen werden. Er behauptete, dass die Handlungen der Mitgliedstaaten nicht nur das Vertrauen in den Menschenrechtsrat, sondern auch in alle Aktivitäten der UNO untergraben.
Der Vertreter der Türkei wies darauf hin, dass die Türkei seit 2014 konsequent für die Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine eintrete und die unrechtmässige Annexion der Krim nicht anerkenne. Er betonte, dass die Zunahme der laufenden politischen Prozesse, rechtswidrigen Inhaftierungen und Verhöre seit der Übernahme der Krim zunehmend besorgniserregend sei und dass infolge des anhaltenden Krieges in der Ukraine immer mehr Probleme auftauchen. Der Delegierte warnte, dass der anhaltende Krieg zu weiteren Verlusten an Menschenleben und zu weiteren Verstössen gegen Menschenrechte führen und sich negativ auf die weltweite Ernährungssicherheit auswirken könnte. Die Türkei räumte ein, dass sie mehrere diplomatische Gespräche mit russischen, ukrainischen und UN-Vertretern auf verschiedenen Ebenen geführt habe, um einen Beitrag zu den internationalen Bemühungen zur Lösung der weltweiten Nahrungsmittelkrise zu leisten. Er fügte hinzu, dass die Türkei bereit sei, ein Treffen in Istanbul zu veranstalten, wenn alle erforderlichen Parteien ihre Bereitschaft zur diplomatischen Lösung dieser Fragen zeigten.
Die belarussische Delegierte erklärte, der Konflikt in der Ukraine sei das Ergebnis jahrelanger Ignoranz der NATO-Länder gegenüber den legitimen Interessen anderer Staaten und der Blockade des Dialogs über dringende regionale Sicherheitsfragen. Sie fügte hinzu, dass die Politik Kiews, die Minsker Vereinbarungen abzulehnen und die russischsprachige Bevölkerung des Donbass zu diskriminieren, als weiterer Katalysator für die Auslösung von Feindseligkeiten in der Region gewirkt habe. Weissrussland wies darauf hin, dass der Konflikt die Probleme der modernen Kriegsführung aufgezeigt habe, auf die die internationale Gemeinschaft, einschliesslich des Menschenrechtsrates, reagieren müsse. Dazu gehören die Nutzung ziviler Einrichtungen für militärische Zwecke und Zivilisten als menschliche Schutzschilde unter Verletzung der Genfer Konventionen. Abschliessend kritisierte sie, dass sich der Menschenrechtsrat ausschliesslich auf Anschuldigungen gegen Russland konzentriere, was eine Doppelmoral darstelle und den repräsentativen Charakter des Gremiums untergrabe.
NGOs und nationale Menschenrechtsinstitutionen
Verschiedene Nichtregierungsorganisationen und nationale Menschenrechtsinstitutionen betonten ihre Solidarität mit der Ukraine und schlossen sich den von der Hochkommissarin geäusserten Bedenken an. Sie appellierten an den Rat und die gesamte internationale Gemeinschaft, Druck auf die Russische Föderation auszuüben, damit sie die Feindseligkeiten einstellt und die Praktiken des Verschwindenlassens, der Deportation und der Folter von entführten Zivilisten beendet. Die Nichtregierungsorganisationen betonten, dass der Beschuss von Schulen, Krankenhäusern und anderer ziviler Infrastruktur deutlich mache, dass Russland das Recht auf Leben völlig missachtet. Viele Gruppen betonten, dass Frauen und Kinder, die unverhältnismässig stark von dem Konflikt betroffen sind, besser geschützt werden müssen. Darüber hinaus äusserten sich die Redner besorgt über den Mangel an Informationen über die Haftbedingungen der Gefangenen oder ihren Zugang zu Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung. Aus dem Inneren der Hafteinrichtungen geht hervor, dass sowohl die Behandlung der Gefangenen als auch die Haftbedingungen den Grad der Folter oder Misshandlung erreichen können. Zahlreiche Gruppen forderten Russland auf, alle inhaftierten, verurteilten und deportierten Ukrainer freizulassen, damit sie zu ihren Familien zurückkehren können.
Schlussbemerkungen des Hohen Kommissars
Die Hochkommissarin wies darauf hin, dass bereits zahlreiche Initiativen zur Rechenschaftspflicht auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene ergriffen wurden, um sicherzustellen, dass Einzelpersonen für die von ihnen begangenen Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden. Sie fügte hinzu, dass die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in diesem Prozess eine zentrale Rolle spielen, und betonte, dass die Mitgliedstaaten die ukrainische Regierung uneingeschränkt dabei unterstützen müssen, alle mutmasslichen Verbrechen, die in ihrem Gebiet begangen wurden, fair, wirksam und unabhängig zu untersuchen. Frau Bachelet bekräftigte, dass ihr Amt weiterhin Fälle von Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte dokumentiert und erwartet, dass die unabhängige internationale Untersuchungskommission zur Ukraine (COI) die Analyse und Bewertung aller relevanten Informationen ausweitet.
Die Hochkommissarin forderte die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, weiterhin die sofortige Einstellung aller Feindseligkeiten in der Ukraine zu fordern, und appellierte an beide Parteien, dafür zu sorgen, dass ihre Handlungen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht stehen. Sie erinnerte den Rat daran, dass die Mitgliedstaaten auch nationale Menschenrechtsinstitutionen, lokale Netzwerke der Zivilgesellschaft und andere einschlägige Akteure unterstützen können, indem sie Mittel bereitstellen und deren Kapazitäten für die Arbeit mit Überlebenden von sexueller Gewalt, Folter und Misshandlung, insbesondere in kleinen Städten und ländlichen Gebieten, stärken. Frau Bachelet schloss ihre Ausführungen mit einem erneuten Aufruf an alle Konfliktparteien, das Leben und die Rechte der Menschen in den Mittelpunkt der Bemühungen um eine Beendigung des Konflikts zu stellen, um den Frieden wiederherzustellen und die Rechenschaftspflicht und Wiedergutmachung für alle von den Feindseligkeiten Betroffenen zu unterstützen.
Stellungnahme von Geneva International Centre for Justice
Geneva International Centre for Justice (GICJ) verurteilt weiterhin das Vorgehen Russlands in der Ukraine und fordert alle Konfliktparteien auf, ihren Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht und der internationalen Menschenrechtskonvention nachzukommen. GICJ lobt die bereits eingeleiteten Initiativen zur Rechenschaftspflicht, insbesondere den Internationalen Strafgerichtshof und die Untersuchungskommission zur Ukraine. Wir rufen dazu auf, beide mit ausreichenden Mitteln und Ressourcen auszustatten, um sicherzustellen, dass sie ihre Ermittlungsbefugnisse in vollem Umfang ausüben und die während des Konflikts begangenen Verbrechen wirksam zur Rechenschaft ziehen können. Unabhängigen Überwachungsmechanismen muss effektiver Zugang zu allen Gebieten der Ukraine gewährt werden, um den Schaden, der durch alle im Land begangenen Menschenrechtsverletzungen entstanden ist, angemessen bewerten zu können. Auf diese Weise kann die internationale Gemeinschaft denjenigen, die gezwungen waren, die unter der Verletzung ihrer Grundrechte zu leiden hatten, Gerechtigkeit widerfahren lassen und Wiedergutmachung leisten.
Russland, Ukraine, Freiheit, Menschenrechte, Interaktiver Dialog, HRC50, Geneva4Justice, Gerechtigkeit, GICJ, Justiz, GenevaInternationalCentreforJustice