Von Viktoria Kropp / GICJ
Die verheerende Menschenrechtslage im Irak
Seit Jahrzehnten ist die Menschenrechtslage im Irak erschreckend, Fortschritte und Verbesserungen sind nicht in Sicht. Das gewaltsame Verschwindenlassen von Personen ist allgegenwärtig und wird als Mittel der Angst eingesetzt, um Andersdenkende zum Schweigen zu bringen. Ein Beispiel für die systematische Anwendung des gewaltsamen Verschwindenlassens ist Jurf al-Sakhar, eine Stadt, deren 130’000 Einwohner alle Opfer des gewaltsamen Verschwindenlassens sind. Die Stadt wurde faktisch in ein grosses Geheimgefängnis umgewandelt, in dem Tausende von gewaltsam verschwundenen Personen festgehalten werden, die zwischen 2014 und 2018 von Milizen, hauptsächlich aus Al-Anbar, Salaheldin, Ninive und Kirkuk, verhaftet wurden.
Bericht über die Folgemassnahmen zu den abschliessenden Beobachtungen des Ausschusses für das Verschwindenlassen von Personen
In dem am 25. April 2022 veröffentlichten Folgebericht erörterte der Ausschuss für das Verschwindenlassen von Personen (CED) die Fortschritte des Irak, wie sie in der Konvention in Bezug auf Artikel 29 (4) festgelegt sind, der den Vertragsstaat verpflichtet, dem CED-Ausschuss die angeforderten Informationen vorzulegen. In seinem ersten Bericht aus dem Jahr 2021 hatte der CED mögliche Strategien für die irakischen Behörden zur Verhinderung des Verschwindenlassens und zur Untersuchung mutmasslicher Fälle dargelegt.
Eine der Empfehlungen des CED bestand darin, eine Datenbank einzurichten, in der systematisch alle Fälle von gewaltsamem Verschwindenlassen im Irak seit 1968 dokumentiert werden. Obwohl der Irak dieser Empfehlung nicht nachkam, forderte der CED das Land nachdrücklich auf, bis zum nächsten Staatenbericht Informationen zu liefern.
Darüber hinaus wies der CED auf die Dringlichkeit hin, das nationale Gesetz über das Verschwindenlassen von Personen im Hinblick auf angemessene Strafen, die Einbeziehung der Zivilgesellschaft und eine angemessene Einstufung der Schwere des Verbrechens neu zu verfassen. In seiner Antwort erklärte der Irak, dass er eine Überprüfung der Gesetzgebung eingeleitet habe, und argumentierte, dass das Gesetz insgesamt mit den internationalen Konventionen übereinstimme. Obwohl die irakische Delegation behauptete, dass eine Überprüfung und Anpassung im Gange sei, wurden keine weiteren Fortschritte oder Ergebnisse gemeldet. In seinen Empfehlungen drängte der CED darauf, die in den Absätzen 2 bis 7 des Berichts CED/C/IRQ/FOAI/1 zugesagten Fortschritte zu erzielen.
Wie in Artikel 17 des Übereinkommens erwähnt, stellt die geheime Inhaftierung ein schweres Verbrechen dar, das nach Berichten der UNAMI und des OHCHR derzeit in mindestens 420 geheimen Haftanstalten begangen wird. Da die bisherige Antwort des Irak auf diese Vorwürfe fälschlicherweise lautet, dass es keine geheimen Inhaftierungen gebe, fordert der CED den Irak nachdrücklich auf, Informationen über die Massnahmen vorzulegen, die er ergriffen hat, um die Einhaltung des Übereinkommens zu gewährleisten. Ein weiterer Aspekt, mit dem sich der Ausschuss befasst, ist die Definition des Begriffs "Opfer". Nach der Konvention ist ein Opfer des Verschwindenlassens "eine verschwundene Person und jede Person, die als unmittelbare Folge des gewaltsamen Verschwindenlassens einen Schaden erlitten hat". Diese Definition des Begriffs Opfer ist nicht im Einklang mit der derzeitigen irakischen Gesetzgebung, die der Empfehlung 25 des CED zuwiderläuft: Eine ausreichende Definition des Begriffs "Opfer" und eine angemessene Entschädigung und Wiedergutmachung. In Zusammenhang mit Artikel 19 (4) bat der CED um weitere Informationen zu diesem Thema, da die bisherigen Antworten nicht zufriedenstellend waren.
Geneva International Centre for Justice (GICJ) begrüsst die Überprüfung des Irak durch den Ausschuss für das Verschwindenlassen von Personen und dessen Bericht zu den oben genannten Punkten. GICJ ist weiterhin tief besorgt über die sich verschlechternde Situation verschwundener Personen im Irak.
Wie GICJ in zahlreichen Berichten dokumentiert hat, ist das Verschwindenlassen von Personen Teil der irakischen Tagesordnung. Opfer sind darauf angewiesen, dass die UN-Vertragsorgane die irakischen Behörden massiv unter Druck setzen, damit sie ihren Verpflichtungen aus den von ihnen ratifizierten Übereinkommen wie dem Übereinkommen über das gewaltsame Verschwindenlassen nachkommen. Das Verschwindenlassen von Personen und damit zusammenhängende Verbrechen sind heute im Irak so weit verbreitet, dass das Ausmass des Problems kaum messbar ist. Mit Blick auf die wiederholte Weigerung des Irak, mit dem CED zusammenzuarbeiten, fordern wir die UN-Vertragsorgane auf, Empfehlungen und Mechanismen zu initiieren, die einen starken, einheitlichen und dringenden Appell an den Irak richten und gleichzeitig auf Fortschritte drängen. Bislang hat das Land in den Ausschusssitzungen lediglich Gesetze aufgezählt, anstatt einen detaillierten Plan vorzulegen, wie es alle vom CED angesprochenen Probleme angehen will.
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