Zum Gedenken an den 18. Jahrestag der Invasion des Irak 2003

März 2021

118 Jahre sind vergangen seit der Invasion des Irak durch die Vereinigten Staaten und Großbritannien. In den fast zwei Jahrzehnten seitdem befindet sich der Irak aufgrund der katastrophalen Umstände, die die amerikanischen Truppen hinterlassen haben, in einem konstanten Zustand von Terror und Zerstörung.

Die Invasion des Iraks begann am 20. März 2003 mit dem Einmarsch der amerikanischen Truppen in den Irak und der Bombardierung der Hauptstadt Bagdad. Der rechtswidrige Überfall wurde fortgesetzt mit zweiseitigen Angriffen, die die Koalition vom Golf aus durchführten, um Basra (im Süden Iraks) und seine Ölfelder zu sichern, indem sie Luftangriffen auf weitere Regionen durchführten. Nach 21 Tagen ununterbrochener Bombenangriffe fiel Bagdad am 9. April 2003, welches den Beginn einer langwierigen Besatzung kennzeichnete, die katastrophale und verheerende Auswirkungen auf die irakische Bevölkerung und die Stabilität des Landes hatte. 

Das Geneva International Centre for Justice (GICJ) fordert hiermit die Schaffung eines unabhängigen internationalen Tribunals, um gegen die Verantwortlichen für die während der Besatzung begangenen Verbrechen, einschließlich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, zu ermitteln und sie strafrechtlich zu verfolgen. In diesem Sinne fordert GICJ ein faires und unparteiisches, nach internationalem Recht errichtetes Tribunal, das die Verantwortlichkeit gewichtet und die dringend benötigte Rechenschaft erbringt für die schweren Verbrechen der eindringenden Staaten, einschließlich, jedoch nicht begrenzt auf das Verbrechen der Aggression. 

Menschenrechtsverletzungen während der Besatzung des Irak

Unter der US-geführten Besatzung des Iraks litt die Zivilbevölkerung unter systematischen und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen. Zu diesen Verstößen zählen Folter, außergerichtliche Hinrichtungen, Menschenhandel und willkürliche Inhaftierung.

18 Jahre später ist das einzige stabile Element des Staates seine weitverbreitete und systematische Korruption, beginnend in den höchsten Regierungsebenen. Viele der Verstöße wurden unter den nachfolgenden Regierungen fortgesetzt, die unter der Besatzung gebildet wurden und deren Sicherheitsapparat auf Gewalt und Unterdrückung beruht. 

Die Zerstörung einer funktionierenden Regierung im Irak führte zudem zu einer nationalen Gesundheits- und Bildungskrise, vermehrten angeborenen Fehlbildungen und anderen Gesundheitsproblemen, Massenvertreibungen, Familientrennungen und der materiellen Zerstörung einer Kultur und eines Landes. Im Weiteren hat die Zerstörung des Irak zur Entstehung des IS geführt, welche zu mehr Chaos auf nationaler und internationaler Ebene führte für diejenigen, die Opfer des IS Terrorismus geworden sind.

 Die irakische Bevölkerung ist verzweifelt. Es ist daher wenig überraschend, dass sie ständig auf die Straße geht und unermüdlich eine komplette Auflösung des konfessionellen Regimes fordert, um eine tatsächliche Demokratie aufzubauen.

Ein Ruf nach Gerechtigkeit 

GICJ fordert die Vereinten Nationen, die internationale Gemeinschaft, Mitglieder der „Koalition der Willigen“ und die besetzenden Staaten auf, endlich Verantwortung zu übernehmen und die notwendigen Schritte zu gehen, um den Prozess der Gerechtigkeit für den Irak und seine Bevölkerung einzuleiten. Wir sind uns bewusst, dass es nicht möglich ist, alle im Irak und an seiner Bevölkerung begangenen Vergehen und Ungerechtigkeiten aufzuarbeiten, aber wir kommen in Solidarität zusammen und fordern dringend von den oben genannten Institutionen: 

Ein internationales Tribunal

Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, ein internationales und unparteiisches Tribunal einzurichten, um gegen alle Personen zu ermitteln und sie strafrechtlich zu verfolgen, die verantwortlich sind für die Planung und Durchführung des Irak-Krieges sowie für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die im Verlauf des Krieges begangen wurden.

Wir fordern, dass dieses Tribunal aus fairen und unparteiischen Richtern zusammengesetzt wird, die mit dem internationalen Recht vertraut sind, um den Angeklagten ein ordentliches Verfahren zu bieten und um sicherzustellen, dass das Verfahren und die Ergebnisse, wie auch immer sie sein mögen, zur Zivilisierung und Befriedung unserer chaotischen Welt beitragen.

Eine offizielle Entschuldigung

Eine Entschuldigung gegenüber der irakischen Bevölkerung ist längst überfällig. Alle Regierungen der „Koalition der Willigen“ sollen nicht nur die Verantwortung für ihre rechtswidrigen Handlungen übernehmen, sondern sich auch offiziell beim Irak und seinen Bürgern entschuldigen. Eine offizielle Entschuldigung wäre der erste Schritt zur Erfüllung der Entschädigungspflicht gemäß Art. 36 der Verantwortlichkeit von Staaten für völkerrechtswidriges Handeln.

Wiedergutmachung und Entschädigung

Alle Regierungen der „Koalition der Willigen“ müssen die irakische Bevölkerung für die materiellen und moralischen Verletzungen entschädigen, die durch die Invasion und Besatzung entstanden sind. 

Diese beinhalten die Kosten des Wiederaufbaus der irakischen Infrastruktur, der staatlichen Institutionen, der Schulen und des Privateigentums, die während des Krieges oder der Besatzung bombardiert oder beschädigt wurden.

Entsorgung aller Waffen und eine Umweltsanierung

Art. 35 des Protokoll I, eine 1977 Ergänzung zur Genfer Konvention, legt ausdrücklich fest, „Es ist verboten, Waffen, Geschosse und Material sowie Methoden der Kriegführung zu verwenden, die geeignet sind, überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen“. Es verbietet ebenfalls, „Methoden oder Mittel der Kriegführung zu verwenden, die dazu bestimmt sind oder von denen erwartet werden kann, dass sie ausgedehnte, langanhaltende und schwere Schäden der natürlichen Umwelt verursachen“.

Bei der Verwendung von weißem Phosphor und radioaktiven Waffen verstießen die USA, Großbritannien und alle Mitglieder der „Koalition der Willigen“ direkt gegen das humanitäre Völkerrecht. Alle beteiligten Staaten müssen eine Umweltsanierung finanzieren und durchführen, insbesondere gefährlichen Waffen und Munitionen entfernen, die noch im Land vorhanden sind, sowie alle Giftstoffe und radioaktiven Reststoffe.

Wiederherstellung des Gesundheitssystems

Die Gesundheitsfürsorge und Infrastruktur, die früher die besten in der Region waren, sollen auf das Niveau von vor der Invasion wiederhergestellt werden. Maßnahmen müssen ergriffen werden, um das gesamte Gesundheitspersonal zu schützen.

Flüchtlinge und Binnenvertriebene Schützen

Die Besatzungsmächte in Kooperation mit internationalen Menschenrechtsgremien wie den UNHCR, IKRK und UNAMI sollen Flüchtlingen gemäß der UN-Resolution 1770 vom 10. August 2007 finanzielle und politische Unterstützung anbieten [1].

Verschwundene Personen Finden

Viele der Verschwundene leiden in Gefängnissen, werden hingerichtet oder sind infolge von Folter und Misshandlung in Haft gestorben. Es ist zwingend erforderlich, dass diese Fälle offengelegt werden gemäß dem in 2010 im Irak eingeführten Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen (ICPPED).

Ernennung eines Sonderberichterstatters

Es ist dringend notwendig, dass die Menschenrechtsverletzungen, die die irakischen Behörden, die amerikanische Besatzung, ausländische Söldner und regionale Mächte, die sich noch im Land befinden, der irakischen Bevölkerung hinzugefügt haben, genau verfolgt und dokumentiert werden. Die Ernennung eines Sonderberichterstatters ist ein entscheidender erster Schritt, um Gerechtigkeit für die irakische Bevölkerung zu erreichen. 

Vereint für Gerechtigkeit in Irak

Als am 20. März 2003 die UNO schwieg, als die „Koalition der Willigen“ unrechtmäßig in den Irak einmarschierte, scheiterte sie, ihre Mission, ihren Zweck und das Völkerrecht zu wahren.

Die Invasion des Irak in 2003 kann durch keine vernünftige Auslegung des Völkerrechts gerechtfertigt werden. Wir fordern daher eine erneuerte Verpflichtung zu einem internationalen System und einer auf dem Völkerrecht basierenden Vision der kollektiven Sicherheit. 


[1] S/RES/1770 (2007) „schwächere Bevölkerungsgruppen, darunter Flüchtlinge und Binnenvertriebene, und die Förderung des Schutzes der Menschenrechte sowie der Justiz- und Gesetzesreformen zu unterstützen (…) alle durchführbaren Schritte unternehmen sollen, um den Schutz der betroffenen Zivilpersonen zu gewährleisten, und Bedingungen schaffen sollen, die der freiwilligen und dauerhaften Rückkehr der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen in Sicherheit und Würde förderlich sind“.

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